Rainhard Fendrich und sein neues Album "Wimpernschlag"
Rainhard Fendrich muss man weder in Deutschland noch in Österreich groß vorstellen. Vor allem als Musiker und Liedermacher hat er den Austropop im gesamten deutschsprachigen Raum nach vorne gebracht. Seine Lieder "Weus'd a Herz hast wia a Bergwerk" oder "I Am From Austria" und natürlich "Haben Sie Wien schon bei Nacht gesehen" sind geschätztes Kulturgut im deutschsprachigen Raum. Auch der noch recht aktuelle Boom des Austropops um Acts wie Wanda, SALÒ, Bibiza oder Der Nino aus Wien wären ohne Fendrichs Vorarbeit nicht möglich gewesen. Am 31. Januar – oder Jänner, wie man in Wien sagen würde – veröffentlich der Liedermacher nun sein neues Studioalbum "Wimpernschlag". Es ist das erste seit 2019. Mit dem Titel möchte Fendrich darauf verweisen, dass jedes Menschleben nur ein winziges Zahnrad im Getriebe der Geschichte sei – und doch könne ein kleiner Moment eine Zäsur bedeuten. Schon die erste Single aus "Wimpernschlag" gab dabei die Richtung vor: "Wir sind am Leben" ist kritisch und lebensbejahend zugleich. Er fragt sich mit seiner charismatischen Stimme, ob sich das Leben im Angesicht all des Unrechts auf der Welt überhaupt noch lohnt. Im Song findet er dann zu optimistischen Beats zu seiner Antwort. Ein klares "Ja!", aber nur "solang wer steht mit Herz und Hirn / und bietet aufrecht seine Stirn / der Herde, die zum Abgrund drängt / sind wir am Leben." Der Song erstrahlt gerade in einem besonderen Licht, denn Fendrich hat kürzlich in einem Interview selbst dem Rechtsruck seines Heimatlandes die Stirn geboten. In Interviews mit der Wochenzeitung "Die Zeit" und der dpa sprach Rainhard Fendrich über die sich gerade abzeichnende Regierungsübernahme der rechtspopulistischen Partei FPÖ unter Herbert Kickl. In der "Zeit" sagte er: "Österreich ist wieder das Naziland". Und gibt zu: "Ich war ehrlich noch nie so besorgt um unsere Demokratie wie jetzt. Man erkennt den Wert der Demokratie erst, wenn sie geht. Und zuerst stirbt die Meinungsfreiheit." In der dpa sagte Fendrich außerdem, er habe "Angst vor der Rohheit der Sprache und vor einer Isolation Österreichs in der Weltgemeinschaft". Viele, vor allem mit der FPÖ sympathisierende Österreicher:innen nahmen ihm die klaren Worte übel und Fendrich landete inmitten eines Shitstorms. Über den er aber ganz lässig sagte: "Es ist egal, denn die Leute, die mir einen Shitstorm schicken, sind nicht meine Fans. So etwas ist natürlich verletzend. Aber ich kann nur sagen, liebe Shitstürmer, mir geht das wirklich am Popo vorbei!" Seine Fans wiederum wird es freuen, dass Rainhard Fendrich weiterhin auch politische Themen mit klarer Kante anspricht. Etwas, dass sich auch immer wieder in 16 neuen Liedern von "Wimpernschlag" findet. Der dpa sagte der 69-jährige Fendrich: "Manche meiner Fans haben mich in der Vergangenheit immer wieder aufgefordert, doch endlich mal wieder etwas Lustiges zu schreiben. Aber was ich nicht mache, ist Spaßbeschallung." Fendrich macht sich in mehreren Liedern vor allem Gedanken über die Traumata, die all die gerade schwelenden Konflikte und Kriege hinterlassen werden. Egal, ob in Syrien, der Ukraine oder im Gazastreifen, Kinder hätten wenig anderes erlebt als "Krieg, Lager, Dreck, Schutt, Hunger und Bomben", sagt er. Die Angst und Verzweiflung der Betroffenen werde sich noch langfristig auswirken, so Fendrich. Trotzdem gelingt es Rainhard Fendrich auf "Wimpernschlag" immer wieder – wie auch im eingangs erwähnten "Wir sind am Leben" – das Ruder rumzureißen und mit eindringlichen Texten klarzumachen, dass es letztendlich am Menschen liegt, wie wir lieben, leiden und leben.